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Keine Beschlusskompetenz bei Heizkörper im Sondereigentum

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Heizkörper im Sondereigentum dürfen nicht per Beschluss ausgetauscht werden. Entscheidung macht ganzen Beschluss unwirksam. Wichtig für WEG-Versammlungen.
Abstimmung in einer Versammlung
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Streit um hydraulischen Abgleich und Heizkörperaustausch

In einer Berliner Wohnungseigentümergemeinschaft sollte die Heizungsanlage erneuert werden. Im Anschluss daran war ein hydraulischer Abgleich vorgesehen, um die Heizkosten zu senken und die Anlage effizienter zu betreiben. Die Gemeinschaft fasste im Dezember einen Beschluss, der die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs mit Kosten bis zu einer bestimmten Summe vorsah. Dabei sollten auch Vergleichsangebote eingeholt werden, und der Verwalter sollte in Absprache mit dem Beirat das günstigste Angebot beauftragen.

Das Problem: In dem zugrunde liegenden Angebot war nicht nur der hydraulische Abgleich enthalten, sondern auch der Austausch von mehreren Heizkörpern. Eine Eigentümerin focht den Beschluss an, da sie die Heizkörper als Sondereigentum ansah und die Gemeinschaft daher keine Befugnis zum Austausch habe.

Was ist ein hydraulischer Abgleich?

Der hydraulische Abgleich ist eine wichtige Maßnahme zur Optimierung von Heizungsanlagen. Dabei wird sichergestellt, dass alle Heizkörper in einem Gebäude gleichmäßig mit Wärme versorgt werden, während die Anlage zugleich effizient und sparsam betrieben wird. Technisch wird dies durch Einstellung verschiedener Komponenten wie Thermostatventile, Strangregulierungsventile oder Differenzdruckregler erreicht. Die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs ist bei der Installation neuer Heizungsanlagen gesetzlich vorgeschrieben.

Die zentrale Rechtsfrage: Gehören Heizkörper zum Sondereigentum?

Das Gericht musste klären, ob die Heizkörper in den einzelnen Wohnungen zum Sondereigentum oder zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. Diese Frage ist entscheidend, denn nur über gemeinschaftliches Eigentum kann die Eigentümergemeinschaft durch Beschluss verfügen.

Die Teilungserklärung der Gemeinschaft legte fest, dass alle innerhalb der Sondereigentumsräume befindlichen Einrichtungen und Ausstattungsgegenstände zum Sondereigentum gehören, sofern sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Dazu zählten ausdrücklich auch die Heizkörper.

Die Gegenseite argumentierte, dass beim hydraulischen Abgleich die Heizkörper zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören müssten, da ihre Veränderung durch einzelne Eigentümer das gesamte Heizungssystem beeinflussen könne. Nach dieser Auffassung würde ein Eingriff Einzelner das Gleichgewicht des Systems stören.

Das Sachverständigengutachten bringt Klarheit

Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein, das zu einem eindeutigen Ergebnis kam. Der Experte stellte fest, dass Heizkörper keine eigenständige Funktion für den hydraulischen Abgleich haben. Sie sind lediglich passive Bestandteile des Heizsystems, die das Heizwasser empfangen und die Wärme an den Raum abgeben.

Der hydraulische Abgleich wird durch externe Komponenten erreicht, nicht durch die Heizkörper selbst. Die Abstimmung erfolgt durch Strangregulierungsventile, Differenzdruckregler, Thermostatventile und die drehzahlgeregelte Umwälzpumpe. Diese Kombination stellt sicher, dass der Wasserfluss im gesamten System optimal geregelt wird.

Entscheidend war die Erkenntnis des Sachverständigen, dass ein Heizkörper von jedem Eigentümer ausgebaut werden kann, ohne dass dies negative Auswirkungen auf den vorhandenen hydraulischen Abgleich des übrigen Heizungssystems hat. Wird ein Heizkörper verändert oder ausgetauscht, müssen zwar die Einstellungen für diesen spezifischen Heizkörper angepasst werden, aber dies betrifft nur diesen einen Heizkörper und nicht das Gesamtsystem.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Berlin-Mitte stellte fest, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hatte, da die Eigentümergemeinschaft den ursprünglichen Beschluss inzwischen aufgehoben und durch einen neuen ersetzt hatte. Der neue Beschluss schloss den Austausch von Heizkörpern ausdrücklich aus.

Das Gericht machte deutlich: Die Heizkörper gehören zum Sondereigentum und sind kein zwingendes Gemeinschaftseigentum. Sie dienen nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Wohnungseigentümer im rechtlichen Sinne. Jeder Eigentümer kann seinen Heizkörper ohne Unterbrechung oder Funktionsbeeinträchtigung des Gesamtkreislaufs ausbauen.

Da die Heizkörper zum Sondereigentum gehören, hatte die Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz, über deren Austausch zu entscheiden. Der ursprüngliche Beschluss war daher in vollem Umfang unwirksam, weil er auch die Erneuerung von Heizkörpern umfasste.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat wichtige praktische Konsequenzen für Wohnungseigentümergemeinschaften. Wenn in der Teilungserklärung Heizkörper zum Sondereigentum erklärt werden, kann die Gemeinschaft nicht einfach durch Mehrheitsbeschluss deren Austausch anordnen – selbst wenn dies im Zusammenhang mit sinnvollen Maßnahmen wie einem hydraulischen Abgleich geschehen soll.

Für Eigentümer bedeutet dies mehr Entscheidungsfreiheit: Sie können selbst entscheiden, ob und wann sie ihre Heizkörper erneuern möchten. Gleichzeitig tragen sie aber auch die Verantwortung dafür, dass ihre Heizkörper zum System passen. Wenn nach einem hydraulischen Abgleich ein Heizkörper unterdimensioniert ist, liegt es in der Hand des jeweiligen Eigentümers, für eine optimale Versorgung seiner Wohnung zu sorgen.

Für Eigentümergemeinschaften folgt daraus: Bei der Planung von Maßnahmen an der Heizungsanlage muss sorgfältig geprüft werden, was zum Gemeinschaftseigentum gehört und worüber die Gemeinschaft beschließen darf. Ein hydraulischer Abgleich umfasst nur die Einstellung und Anpassung der gemeinschaftlichen Komponenten wie Ventile, Regler und Pumpen, nicht aber den Austausch von Heizkörpern in den Wohnungen.

Die Kostenverteilung ist ebenfalls relevant: Während der hydraulische Abgleich als Gemeinschaftsmaßnahme von allen Eigentümern gemeinsam zu tragen ist, müssen eventuelle Heizkörperaustausche von den einzelnen Eigentümern selbst finanziert werden. Dies kann zu Diskussionen führen, wenn bei der Heizlastberechnung festgestellt wird, dass in manchen Wohnungen die vorhandenen Heizkörper nicht optimal dimensioniert sind.

Wichtig für Beschlussfassungen: Auch wenn nur Teile eines Beschlusses die Kompetenz der Gemeinschaft überschreiten, kann dies den gesamten Beschluss ungültig machen. Hier wurde der komplette Beschluss zum hydraulischen Abgleich unwirksam, weil er auch den Heizkörperaustausch umfasste. Gemeinschaften sollten daher bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen genau prüfen, welche Bauteile sie durch Beschluss erfassen dürfen und welche nicht.

Die Entscheidung zeigt auch, wie wichtig fachkundige Beratung ist. Das Sachverständigengutachten hat geklärt, dass Heizkörper technisch gesehen keine Funktion für den hydraulischen Abgleich haben und daher nicht zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören müssen. Solche technischen Feinheiten sind für juristische Bewertungen oft entscheidend.

Grundsätze des Urteils

  • Heizkörper, die in der Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet sind, bleiben Sondereigentum und werden nicht durch ihre Funktion im Heizsystem zu Gemeinschaftseigentum
  • Die Eigentümergemeinschaft hat keine Beschlusskompetenz über Sondereigentum, auch nicht als Teil einer Maßnahme am Gemeinschaftseigentum
  • Ein Beschluss, der über Sondereigentum verfügt, ist insgesamt unwirksam, selbst wenn er auch zulässige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum enthält

Amtsgericht Berlin-Mitte, Beschluss vom 10.07.2025, Az. 29 C 5/24 WEG

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