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Makler muss vor riskanten Geschäften warnen

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Immobilienmakler stehen oft im Spannungsfeld zwischen Provisionsinteressen und Beratungspflichten. Ein aktuelles Urteil zeigt: Warnt ein Makler berechtigterweise vor einem riskanten Geschäft, macht er sich nicht schadensersatzpflichtig - auch wenn dadurch ein Verkauf platzt.
zwei Männer und eine Frau stehen vor Fachwerkhäusern und beraten über Ihre Unterlagen
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Gescheiterter Hauskauf trotz Handschlag

Eine Hausbesitzerin wollte ihre Immobilie verkaufen und gleichzeitig eine andere Immobilie erwerben. Dafür nahm sie Kontakt zu einem Immobilienmakler auf, der mit dem Verkauf der gewünschten Immobilie beauftragt war. Nach einer Besichtigung einigte sie sich per Handschlag mit dem Verkäufer auf einen Kaufpreis. Ein Notartermin war bereits vereinbart.

Die Käuferin begann daraufhin bereits mit dem Ausräumen ihrer eigenen Immobilie, um diese besser vermarkten zu können. Doch zwei Tage vor dem geplanten Notartermin erhielt sie die Mitteilung, dass die Immobilie an einen anderen Interessenten verkauft worden sei. Der Grund: Der Makler hatte dem Verkäufer vom Verkauf an sie abgeraten.

Hohe Umzugskosten als Schadensersatzforderung

Verärgert über das Verhalten des Maklers forderte die Käuferin Schadensersatz für die entstandenen Umzugskosten. Sie musste alle bereits ausgeräumten Gegenstände wieder in ihr Haus zurückbringen. Die Kosten für das Aus- und Einräumen, Fahrtkosten, Lagermiete und Verpackungsmaterial summierten sich auf eine erhebliche Summe.

Die Käuferin argumentierte: Der Makler habe seine Treuepflichten aus dem Maklervertrag verletzt und sie vorsätzlich geschädigt. Schließlich sei bereits eine Einigung mit dem Verkäufer erzielt worden.

Warum der Makler vom Verkauf abgeraten hatte

Bei genauerer Betrachtung der finanziellen Situation stellte sich heraus, dass die Käuferin den Kaufpreis nicht sicher finanzieren konnte. Sie plante, das neue Haus durch den späteren Verkauf ihrer eigenen Immobilie zu finanzieren. Eine Finanzierungsbestätigung der Bank lag nicht vor - im Gegenteil, die Kreditabteilung hatte eine Finanzierungszusage letztendlich abgelehnt.

Die Käuferin musste sich bereits für die Kaufnebenkosten Geld leihen und hatte nach eigenen Angaben kein Geld auf dem Girokonto. Zudem befand sich die Verkäuferimmobilie in einem Zwangsversteigerungsverfahren, weshalb der Verkäufer dringend auf einen schnellen und sicheren Verkauf angewiesen war.

Das Urteil: Makler handelte pflichtgemäß

Das Landgericht Frankenthal wies die Klage vollständig ab und bestätigte das rechtmäßige Verhalten des Maklers. Die Richter stellten fest:

Aufklärungs- und Beratungspflicht steht im Vordergrund: Ein Makler muss über die relevanten Eigenschaften des Vertragspartners aufklären. Bestehen Zweifel an der Bonität oder Erfüllungsbereitschaft, muss er diese seinem Auftraggeber mitteilen - auch wenn dadurch sein Provisionsanspruch gefährdet wird.

Schutz vor unsicheren Geschäften: Die fehlende Finanzierungsbestätigung und die prekäre finanzielle Situation der Käuferin stellten ein erhebliches Risiko für den Verkäufer dar. In einer laufenden Zwangsversteigerung war eine schnelle und sichere Abwicklung besonders wichtig.

Mitverschulden der Käuferin

Das Gericht sah außerdem ein erhebliches Mitverschulden der Käuferin. Sie hatte bereits im Januar mit dem Ausräumen begonnen, obwohl der Notartermin erst für Ende März geplant war. Bei Grundstückskaufverträgen, die notariell beurkundet werden müssen, sei es unübersehbar riskant, bereits Monate vor dem Notartermin mit Umzugsmaßnahmen zu beginnen.

Das Gericht betonte: In einem solchen Zeitraum kann ein Grundstückskaufvertrag jederzeit scheitern - sei es durch Rücktritt des Verkäufers, höhere Gebote anderer Interessenten oder andere unvorhersehbare Ereignisse.

Zweifel an der Schadenshöhe

Zusätzlich bezweifelte das Gericht die Höhe der geltend gemachten Schäden. Die behaupteten Arbeitszeiten von über tausend Stunden sowohl für das Aus- als auch das Einräumen erschienen den Richtern völlig überzogen. Ein professionelles Umzugsunternehmen hätte die Arbeiten für einen Bruchteil der Kosten durchgeführt.

Die Käuferin konnte auch nicht schlüssig darlegen, wie sich die angeblichen Kosten zusammensetzten und aus welchen Mitteln sie diese finanziert haben wollte - obwohl sie gleichzeitig angab, nicht über ausreichende finanzielle Mittel für den Immobilienkauf zu verfügen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Immobilienmakler bedeutet das Urteil: Die Aufklärungs- und Beratungspflicht gegenüber dem Auftraggeber steht über den eigenen Provisionsinteressen. Makler müssen ehrlich über Risiken informieren, auch wenn dadurch Geschäfte platzen könnten. Dies schützt sie vor späteren Schadensersatzforderungen.

Für Kaufinteressenten gilt: Beginnen Sie niemals mit kostspieligen Vorbereitungsmaßnahmen, bevor ein Kaufvertrag rechtsgültig abgeschlossen ist. Bei Immobiliengeschäften ist bis zur notariellen Beurkundung alles nur eine unverbindliche Absichtserklärung. Sorgen Sie außerdem für eine gesicherte Finanzierung, bevor Sie ernsthafte Kaufabsichten äußern.

Für Verkäufer bedeutet es: Sie können sich darauf verlassen, dass seriöse Makler Sie vor unsicheren Geschäften warnen, auch wenn dies zunächst enttäuschend erscheinen mag. Langfristig schützt Sie dies vor noch größeren Problemen.

Rechtliche Einordnung

Das Urteil bestätigt die gefestigte Rechtsprechung zu den Nebenpflichten von Immobilienmaklern. Diese müssen nicht nur die Vermarktung vorantreiben, sondern auch beratend tätig werden und vor erkennbaren Risiken warnen. Die Treuepflicht gegenüber dem Auftraggeber umfasst insbesondere die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information über alle vertragsrelevanten Umstände.

Bei Interessenskonflikten zwischen verschiedenen Vertragsparteien müssen Makler primär die Interessen ihres Auftraggebers - in diesem Fall des Verkäufers - wahren. Eine Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn der Makler falsche Tatsachen äußert oder aus eigennützigen Motiven handelt.

Praxistipp für alle Beteiligten

Das Urteil zeigt deutlich: Ehrlichkeit und Transparenz sind im Immobiliengeschäft das A und O. Makler sollten alle Zweifel offen kommunizieren, Käufer ihre Finanzierung vorab klären und Verkäufer realistische Erwartungen entwickeln. Nur so lassen sich teure Rechtsstreitigkeiten und enttäuschte Erwartungen vermeiden.

Wer als Kaufinteressent unsicher ist, ob seine Finanzierung ausreicht, sollte dies ehrlich kommunizieren und gegebenenfalls zunächst die eigenen finanziellen Verhältnisse ordnen, bevor konkrete Schritte eingeleitet werden.


Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 07.05.2021, Az. 1 O 40/20

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