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Tierhaltung in der Mietwohnung: Was Mieter wissen müssen

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Haustiere bereichern das Leben vieler Menschen, doch in Mietwohnungen führt die Tierhaltung häufig zu rechtlichen Konflikten zwischen Mietern und Vermietern.
glückliche Familie mit kleinem Hund in ihrer Wohnung
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Rechtliche Grundlagen der Tierhaltung

Das deutsche Mietrecht regelt die Tierhaltung nicht explizit im Bürgerlichen Gesetzbuch. Daher entstehen die meisten Streitigkeiten aus unterschiedlichen Interpretationen der Vertragsfreiheit und des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache. Der Bundesgerichtshof hat jedoch in mehreren wegweisenden Entscheidungen klare Leitlinien entwickelt.

Nach der aktuellen Rechtsprechung kommt es bei der Tierhaltung grundsätzlich auf eine umfassende Abwägung der Interessen aller Beteiligten an. Vermieter dürfen nicht willkürlich und schematisch ihre Zustimmung zur Hunde- oder Katzenhaltung verweigern.

Unterscheidung zwischen Kleintieren und größeren Haustieren

Kleintiere sind grundsätzlich erlaubt

Kleintiere wie Hamster, Schildkröten, Zierfische oder Ziervögel gehören zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Mieter benötigen für deren Haltung grundsätzlich keine Zustimmung des Vermieters. Diese Tiere werden üblicherweise in geschlossenen Behältnissen wie Käfigen, Terrarien oder Aquarien gehalten und können daher keine wesentlichen Störungen verursachen.

Wichtig: Auch bei Kleintieren gibt es Grenzen. Die monatelange Haltung mehrerer Igel in Wohnräumen oder die Bienenhaltung auf dem Balkon überschreiten den vertragsgemäßen Gebrauch. Ebenso kann die Haltung von Kleinvögeln in ungewöhnlich hoher Anzahl eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Überraschend für viele: Auch exotische Echsen wie Bartagame gelten als Kleintiere, solange sie in Terrarien gehalten werden und ungefährlich sind. Ein Amtsgericht stellte fest, dass diese etwa 30 Zentimeter großen, harmlosen Reptilien ohne Vermietererlaubnis gehalten werden dürfen.

Hunde und Katzen erfordern Einzelfallprüfung

Bei Hunden und Katzen ist die Rechtslage komplexer. Sie gelten nicht als Kleintiere und können grundsätzlich nicht ohne weiteres in Mietwohnungen gehalten werden. Hier sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen: die Art, Größe, das Verhalten und die Anzahl der Tiere, außerdem die Größe, der Zustand und die Lage der Wohnung sowie des Hauses. Ebenso relevant sind die persönlichen Verhältnisse und berechtigten Interessen der Nachbarn, die bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters.

Wirksamkeit von Mietvertragsklauseln

Unwirksame Totalverbote

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass pauschale Tierhaltungsverbote unwirksam sind. Klauseln wie "Der Mieter ist verpflichtet, keine Hunde und Katzen zu halten" benachteiligen Mieter unangemessen und verstoßen gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

Ebenso unwirksam sind Klauseln, die jegliche Tierhaltung verbieten, da sie auch die Haltung von Kleintieren untersagen würden, die zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört.

Problematische Zustimmungsvorbehalte

Auch Klauseln, die jede Tierhaltung unter einen generellen Zustimmungsvorbehalt stellen, sind unwirksam, wenn sie Kleintiere einbeziehen. Formulierungen wie "Jede Tierhaltung bedarf der Zustimmung des Vermieters" halten der gerichtlichen Überprüfung nicht stand.

Wirksame Regelungen

Wirksam sind hingegen differenzierte Klauseln, die Kleintiere ausnehmen und für andere Haustiere sachliche Kriterien für die Zustimmungserteilung festlegen. Beispiel: "Der Mieter darf Haustiere mit Ausnahme von Kleintieren nur mit Zustimmung des Vermieters halten. Die Zustimmung ist zu versagen, wenn durch die Tiere andere Hausbewohner belästigt werden oder eine Beeinträchtigung der Mietsache zu befürchten ist."

Einzelfallprüfung bei fehlenden oder unwirksamen Regelungen

Fehlt eine wirksame mietvertragliche Regelung zur Tierhaltung, muss im Einzelfall geprüft werden, ob die konkrete Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. Diese Abwägung erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände.

Positive Beispiele aus der Rechtsprechung

Ein Landgericht entschied, dass ein kleiner Jack Russell Terrier ohne Vermietererlaubnis gehalten werden darf, wenn:

  • Alle Nachbarn mit der Hundehaltung einverstanden sind
  • Keine Störungen oder Beschädigungen auftreten
  • Die Halter verantwortungsvoll mit dem Tier umgehen
  • Besondere Umstände für die Anschaffung sprechen

Ablehnungsgründe für Vermieter

Vermieter können die Tierhaltung untersagen, wenn konkrete Beeinträchtigungen zu erwarten sind, etwa durch Störungen durch Lärm oder Gerüche, Beschädigungen der Mietsache, eine Gefährdung anderer Bewohner oder ungeeignete Wohnverhältnisse für eine artgerechte Haltung.

Kampfhunde können Vermieter grundsätzlich ablehnen, auch wenn die Einstufung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist.

Sonderfälle und Ausnahmen

Blindenhunde und Therapietiere

Selbst bei bestehenden Tierhaltungsverboten dürfen Vermieter die Haltung von Blindenhunden oder medizinisch notwendigen Therapietieren nicht untersagen. Das Interesse des Mieters überwiegt hier deutlich.

Katzenhaltung

Auch bei Katzen gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. Die Haltung einer Hauskatze ist oft Bestandteil des üblichen Mietgebrauchs, sofern keine konkreten Interessen des Vermieters entgegenstehen. Problematisch wird es erst bei übermäßiger Anzahl oder konkreten Störungen.

Widerruf erteilter Zustimmungen

Hat der Vermieter einmal die Zustimmung zur Tierhaltung erteilt, kann er diese nur bei triftigen Gründen widerrufen, etwa bei erheblichen Beeinträchtigungen für andere Bewohner, Schäden an der Mietsache oder einem Verhalten entgegen den ursprünglichen Zusagen.

Gelegentliches Hundegebell oder normaler Lärm rechtfertigen keinen Widerruf, da dies zur hausüblichen Geräuschkulisse gehört.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter mit Kleintieren

Sie können beruhigt sein: Hamster, Zierfische, Wellensittiche und ähnliche Kleintiere dürfen Sie ohne Vermietererlaubnis halten. Achten Sie jedoch auf eine angemessene Anzahl und artgerechte Haltung.

Für Hundehalter und Katzenbesitzer

Prüfen Sie zunächst Ihren Mietvertrag. Bei unwirksamen Klauseln oder fehlenden Regelungen haben Sie gute Chancen, Ihr Haustier zu behalten. Sammeln Sie Argumente für Ihre Position wie das Einverständnis der Nachbarn, den Nachweis einer artgerechten Haltung, besondere Gründe für die Tierhaltung sowie den Beweis für einen verantwortlichen Umgang.

Bei Verweigerung der Zustimmung

Verweigert der Vermieter grundlos die Zustimmung zur Tierhaltung, kann dies sogar einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung durch den Mieter darstellen. In einem aktuellen Urteil bestätigte ein Gericht, dass Mieter bei willkürlicher Verweigerung selbst kündigen dürfen.

Praktische Tipps

Vor der Anschaffung: Holen Sie sich am besten schriftlich die Zustimmung des Vermieters ein und dokumentieren Sie das Einverständnis der Nachbarn.

Bei bestehender Tierhaltung: Sorgen Sie für eine störungsfreie Haltung und dokumentieren Sie positive Nachbarschaftsbeziehungen.

Bei Konflikten: Suchen Sie zunächst das Gespräch und weisen Sie auf die aktuelle Rechtsprechung hin. Bei hartnäckigen Problemen empfiehlt sich anwaltliche Beratung.

Die Rechtsprechung zeigt deutlich: Pauschalverbote und willkürliche Verweigerungen haben vor Gericht keinen Bestand. Entscheidend ist stets eine faire Interessenabwägung im Einzelfall.


Quellen: Bundesgerichtshof VIII ZR 168/12, VIII ZR 340/06; Landgericht Berlin 64 S 151/22; Landgericht Frankfurt/Oder 16 S 25/23; Berliner Mieterverein Informationsblatt

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