Zum Hauptinhalt springen

Kostenverteilung in der WEG: Fläche statt Miteigentumsanteil

Der beste Anwalt für Mietrecht
Wohnungseigentümergemeinschaften dürfen Instandhaltungskosten nach Fläche verteilen. Das gilt auch, wenn Garageneigentümer dadurch stärker belastet werden. Ein aktuelles Urteil bestätigt den weiten Spielraum der Eigentümer bei der Änderung des Verteilerschlüssels.
eine Eigentümergemeinschaft berät über Umbaupläne in einem Büro

Der Streit um den neuen Verteilerschlüssel

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft kam es zum Streit über die Verteilung der Kosten. Die Eigentümerversammlung hatte mehrheitlich beschlossen, den Maßstab für die Instandhaltungskosten und die Bildung der Erhaltungsrücklage zu ändern. Anstatt wie bisher nach Miteigentumsanteilen abzurechnen, sollte ab sofort die gemessene Fläche der Einheiten als Grundlage dienen.

Gegen diesen Beschluss wehrten sich die Eigentümer von Tiefgaragenstellplätzen. Sie fühlten sich durch die Neuregelung benachteiligt. Ihr Hauptargument war, dass sie nun an Kosten beteiligt würden, von denen sie keinen direkten Nutzen hätten. Konkret ging es um Aufwendungen für die Heizungsanlage, die Be- und Entwässerung sowie sonstige Haustechnik. Da die Tiefgaragen nicht an diese Systeme angeschlossen sind, empfanden die Kläger die Gleichbehandlung von Wohnfläche und Garagenfläche als ungerecht. Zudem bemängelten sie, dass für die Berechnung der Flächen unterschiedliche Normen herangezogen wurden – die Wohnflächenverordnung für die Wohnungen und eine DIN-Norm für die gewerblichen Teile und Stellplätze.

Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Die zentralen Streitpunkte drehten sich um die Frage der Gerechtigkeit und der Bestimmtheit des Beschlusses. Die Kläger argumentierten, der Beschluss sei zu ungenau, da unklar bleibe, ob kaufmännisch gerundete Werte oder exakte Zahlen mit zwei Nachkommastellen gelten sollten. Schwerer wog jedoch der Vorwurf der Willkür. Die Eigentümer der Stellplätze waren der Ansicht, dass ein neuer Verteilerschlüssel die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten berücksichtigen müsse. Wer eine Heizung nicht nutzen kann, sollte auch nicht für deren Instandhaltung zahlen müssen.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hielt dagegen, dass die Fläche ein üblicher und anerkannter Maßstab sei. Zudem würden im Gegenzug nun auch die Wohnungseigentümer an den Kosten der Tiefgarage beteiligt, was vorher nicht der Fall war. Da Wohnungen meist größer sind als Stellplätze, würde die Gemeinschaft hier sogar einen erheblichen Teil der Lasten tragen.

Weiter Spielraum für Eigentümergemeinschaften

Das Gericht wies die Klage ab und bestätigte die Wirksamkeit des Beschlusses. Die Richter betonten das Selbstorganisationsrecht der Eigentümergemeinschaft. Den Eigentümern steht ein weiter Ermessensspielraum zu, wenn sie Kostenverteilungsschlüssel ändern. Sie müssen dabei nicht die objektiv beste oder gerechteste Lösung finden. Es reicht aus, wenn die Regelung vertretbar ist und niemanden willkürlich benachteiligt.

Die Wahl der Fläche als Verteilungsmaßstab ist laut Urteil nicht zu beanstanden. Dass Garageneigentümer nun auch für Einrichtungen wie die Heizung zahlen müssen, die sie nicht direkt nutzen, stellt keine unzulässige Benachteiligung dar. Ein funktionierendes Gemeinschaftseigentum – dazu gehören intakte Rohre und Heizungen – erhält den Wert des gesamten Gebäudes und kommt damit indirekt auch den Garageneigentümern zugute. Wären diese Anlagen defekt, würde auch das Eigentum an den Stellplätzen an Wert verlieren. Zudem ist es zulässig, verschiedene Berechnungsmethoden für unterschiedliche Nutzungsarten zu kombinieren, solange dies nicht zu grob unbilligen Ergebnissen im Einzelfall führt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung verdeutlicht, wie schwer es ist, einen Mehrheitsbeschluss zur Kostenverteilung gerichtlich zu kippen. Wenn Ihre Eigentümergemeinschaft beschließt, von Miteigentumsanteilen auf Quadratmeter umzustellen, ist dies grundsätzlich zulässig. Das gilt selbst dann, wenn sich Ihre persönlichen Kosten dadurch erhöhen oder Sie für Dinge zahlen müssen, die Sie nicht unmittelbar nutzen.

Für die Praxis heißt das, dass der Begriff der Willkür sehr eng ausgelegt wird. Nur wenn eine Regelung offensichtlich und grundlos einzelne Eigentümer drangsaliert, greift das Gericht ein. Dass sich Kosten verschieben und manche Eigentümer mehr zahlen als vorher, liegt in der Natur einer Änderung und ist hinzunehmen. Solange der neue Schlüssel auf sachlichen Kriterien beruht – und die Fläche ist ein solches Kriterium – ist er meist rechtssicher. Prüfen Sie bei Änderungen daher genau, ob wirklich eine Willkür vorliegt oder nur eine subjektiv empfundene Ungerechtigkeit.


Grundsätze des Urteils

  • Wohnungseigentümer haben aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts einen weiten Spielraum bei der Wahl des Kostenverteilungsschlüssels.

  • Die Verteilung von Instandhaltungskosten nach Fläche ist ein allgemein anerkannter Maßstab und grundsätzlich zulässig.

  • Ein neuer Verteilerschlüssel ist erst dann unwirksam, wenn er willkürlich ist und einzelne Eigentümer ohne sachlichen Grund unbillig benachteiligt.

  • Es ist keine Willkür, wenn Eigentümer von Nebenflächen (z. B. Garagen) an Kosten für Anlagen beteiligt werden, die sie nicht unmittelbar nutzen (z. B. Heizung), da sie vom Werterhalt des Gesamtgebäudes profitieren.

  • Die Kombination unterschiedlicher Flächenberechnungsnormen (Wohnflächenverordnung und DIN 277) ist im Rahmen des Ermessens zulässig.


Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 11.02.2025 - 56 S 15/24 WEG

Kontaktieren Sie uns!

Die Informationen auf unserer Website dienen ausschließlich zu Informationszwecken. Sie ersetzen keine rechtliche Beratung, die auf Ihre individuelle Situation zugeschnitten ist. Bitte beachten Sie auch, dass sich die Rechtslage durch neue Gesetze und Urteile jederzeit ändern kann.

Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.


Ihr Recht ist unsere Leidenschaft!

Portrait der besten Anwälte von Essen

Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.


Unsere digitale Kanzlei

Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

Erfahrungen & Bewertungen zu JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

kostenlose Ersteinschätzung

Wartebereich der JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.


Das könnte Sie auch interessieren:

14. Oktober 2025
Marinabetreiber können Bootsliegeplätze unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Ein aktuelles Urteil zeigt, welche Rechte Bootsbesitzer haben un...
23. September 2025
Private Vermieter können auch ohne eigene Hausverwaltung sofort einen Rechtsanwalt beauftragen, wenn Mieter zwei Monate mit der Miete im Rückstand ...
26. Juli 2025
Ein aktuelles Urteil zeigt die Grenzen der Selbsthilfe bei Falschparkern auf dem Vermietungsgrundstück und stärkt die Rechte von Mietern. Parkt ...