Kündigung nach Mietereintritt: Wann ist sie zulässig?
Der Fall: Auszubildender übernimmt Mietwohnung
Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin trat ein junger Mann als deren Lebensgefährte in das bestehende Mietverhältnis einer Dreizimmerwohnung ein. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Die Tochter der Verstorbenen zog aus der Wohnung aus. Der Vermieter reagierte umgehend mit einem Räumungsverlangen und kündigte das Mietverhältnis außerordentlich mit der Begründung, der neue Mieter könne aufgrund seiner Ausbildungsvergütung die monatliche Miete nicht dauerhaft aufbringen.
Der Mieter widersprach der Kündigung und beantragte später die Zustimmung zur Untervermietung eines Zimmers an einen Arbeitskollegen, ebenfalls Auszubildender. Dies sollte ihm helfen, die Mietkosten und Fahrtkosten zur Arbeitsstelle zu teilen. Der Vermieter lehnte ab und hielt an der Kündigung fest.
Wann darf der Vermieter nach Mietereintritt kündigen?
Das Gesetz räumt dem Vermieter ein besonderes Kündigungsrecht ein, wenn nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eine andere Person in das Mietverhältnis eintritt. Nach Paragraph 563 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vermieter innerhalb eines Monats außerordentlich kündigen, wenn in der Person des Eintretenden ein wichtiger Grund vorliegt.
Die Höchstrichter stellen jedoch hohe Anforderungen an einen solchen wichtigen Grund. Die bloße Tatsache, dass jemand eine Ausbildungsvergütung bezieht, genügt nicht. Der Bundesgerichtshof urteilte, dass eine nur drohende oder gefährdet erscheinende finanzielle Leistungsfähigkeit nur in besonderen Ausnahmefällen eine Kündigung rechtfertigt.
Konkrete Anhaltspunkte müssen vorliegen
Eine Kündigung wegen angeblich fehlender Zahlungsfähigkeit muss auf konkreten Anhaltspunkten und objektiven Umständen beruhen. Diese müssen nicht nur die Erwartung rechtfertigen, sondern vielmehr den zuverlässigen Schluss zulassen, dass fällige Mietzahlungen alsbald ausbleiben werden.
Solche Anhaltspunkte fehlen dann, wenn Geldquellen vorhanden sind, die die Erbringung der Mietzahlungen sicherstellen. Dies kann der Fall sein bei staatlichen Hilfen wie Arbeitslosengeld oder Wohngeld, bei sonstigen Einkünften wie Untermietzahlungen oder Unterstützung durch Verwandte sowie bei vorhandenem Vermögen des Mieters.
Im entschiedenen Fall hatte der Mieter die Miete seit seinem Eintritt stets pünktlich und vollständig bezahlt, was ein aussagekräftiges Indiz gegen eine fehlende Zahlungsfähigkeit darstellt. Das Berufungsgericht hatte diese Tatsache zu Unrecht als nachträgliche Entwicklung unberücksichtigt gelassen.
Vermieter muss zunächst abwarten
Die Höchstrichter machten deutlich, dass eine objektiv feststehende finanzielle Leistungsunfähigkeit zwar grundsätzlich einen wichtigen Grund darstellen kann, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Regelmäßig ist erforderlich, dass dem Vermieter ein Zuwarten nicht zuzumuten ist, bis die Voraussetzungen einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs erfüllt sind. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Mieter zwei Monatsmieten im Rückstand ist.
Das außerordentliche Kündigungsrecht soll nur solche Sachverhalte abdecken, bei denen nicht bereits aufgrund anderer Kündigungsgründe von einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses auszugehen ist. Es schließt somit eine Schutzlücke, ersetzt aber nicht die allgemeinen Kündigungsgründe.
Recht auf Untervermietung nach Auszug eines Mitbewohners
Der Bundesgerichtshof nahm auch Stellung zur Frage der Untervermietung. Bereits der Wunsch, nach dem Auszug eines bisherigen Wohngenossen nicht allein zu leben, kann ein berechtigtes Interesse an der Überlassung eines Teils der Wohnung an einen Untermieter begründen. Entsprechendes gilt, wenn der Mieter aufgrund einer nachträglichen Entwicklung seine Mietaufwendungen teilweise durch eine Untervermietung decken möchte.
Für die Beurteilung der Frage, ob das berechtigte Interesse nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist, kommt es auch bei einem nach Paragraph 563 erfolgten Eintritt eines Mieters auf den Zeitpunkt des Abschlusses des ursprünglichen Mietvertrags an. Der Eintretende tritt in vollem Umfang in die Rechtsstellung des ursprünglichen Mieters ein.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Angehöriger oder Lebensgefährte nach dem Tod des Mieters in ein Mietverhältnis eintreten, sind Sie vor vorschnellen Kündigungen des Vermieters geschützt. Der Vermieter kann das Mietverhältnis nicht einfach mit der Begründung kündigen, Sie hätten ein geringeres Einkommen als der verstorbene Mieter. Er muss konkret darlegen und beweisen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Zahlungsausfälle zu erwarten sind.
Solange Sie die Miete pünktlich zahlen, haben Sie gute Chancen, sich gegen eine Kündigung erfolgreich zu wehren. Hierbei können auch staatliche Transferleistungen, auf die Sie möglicherweise Anspruch haben, berücksichtigt werden. Auch wenn Sie über Vermögen verfügen oder andere Einkommensquellen erschließen können, etwa durch Untervermietung eines Zimmers, spricht dies gegen eine drohende Zahlungsunfähigkeit.
Sollten Sie nach dem Auszug eines Mitbewohners nicht allein leben wollen oder die Mietkosten durch Untervermietung reduzieren müssen, haben Sie grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung. Der Vermieter kann die Zustimmung nur verweigern, wenn wichtige Gründe in der Person des Untermieters vorliegen oder ihm die Überlassung aus anderen Gründen nicht zuzumuten ist.
Das Urteil stärkt die Rechte von Mietern, die nach dem Tod eines Angehörigen oder Lebensgefährten in eine Wohnung eintreten. Es macht deutlich, dass der Vermieter nicht allein aufgrund eines geringeren Einkommens oder eines befristeten Arbeitsverhältnisses kündigen darf. Vielmehr muss er konkrete und belastbare Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit vortragen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31. Januar 2018, Aktenzeichen VIII ZR 105/17
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