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Brand vom Nachbargrundstück: Haftet Eigentümer oder Mieter?

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Ein Feuer auf dem vermieteten Nachbargrundstück verursacht erhebliche Schäden. Doch wer muss zahlen - der Eigentümer oder der Mieter der Brandfläche? Das OLG Hamm klärt auf.
typische deutsche Wohnstraße, zwei Häuser sind durch einen Brand beschädigt
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der dramatische Sachverhalt

Ein verheerender Brand bricht in einer vermieteten Gewerbehalle aus und greift auf das benachbarte Grundstück über. Die Flammen verursachen dort massive Schäden an Gebäuden, einem Fahrzeug, einer Waschanlage, einem Tankbehälter und Mülltonnen. Der betroffene Nachbar fordert daraufhin Schadenersatz - aber nicht vom Mieter der Halle, sondern vom Grundstückseigentümer.

Seine Überlegung: Als Eigentümer müsse dieser für alle Schäden haften, die von seinem Grundstück ausgehen. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Das Oberlandesgericht Hamm wies seine Klage ab und stellte dabei wichtige Grundsätze zur Nachbarhaftung bei Brandschäden klar.

Wann haftet der Nachbar überhaupt?

Grundsätzlich können Nachbarn durchaus für Schäden haftbar gemacht werden, die von ihrem Grundstück ausgehen. Das deutsche Recht kennt hierfür den sogenannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Dieser greift aber nur unter bestimmten Voraussetzungen:

Zunächst muss eine rechtswidrige Einwirkung vom Nachbargrundstück ausgehen, die der Geschädigte nicht dulden muss. Gleichzeitig darf er aber keine Möglichkeit haben, diese Einwirkung zu verhindern - etwa durch eine einstweilige Verfügung oder andere rechtliche Schritte. Außerdem müssen die entstandenen Schäden das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen.

Die entscheidende Frage: Wer ist der richtige Störer?

Das Gericht machte deutlich: Nicht automatisch jeder Grundstückseigentümer haftet für alle Schäden, die von seinem Grundstück ausgehen. Entscheidend ist vielmehr, wer als sogenannter Störer anzusehen ist. Diese Störereigenschaft folgt nicht allein aus dem Eigentum am Grundstück.

Vielmehr muss die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgehen. Das Gericht prüft dabei von Fall zu Fall, ob es Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für ein bestimmtes Geschehen aufzuerlegen.

Eigentümer oder Mieter: Eine komplexe Abwägung

Bei vermieteten Grundstücken wird die Rechtslage besonders komplex. Das Gericht unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Störern:

Zustandsstörer ist derjenige, der für den gefahrenträchtigen Zustand des Grundstücks verantwortlich ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein technischer Defekt an der Elektrik einen Brand verursacht. Hier haftet typischerweise der Eigentümer, da er Einfluss auf die technische Ausstattung seiner Immobilie nehmen kann.

Verhaltensstörer hingegen ist derjenige, dessen konkretes Verhalten den Schaden verursacht hat. Bei fahrlässigem oder vorsätzlichem Fehlverhalten des Mieters haftet daher grundsätzlich dieser - nicht der Eigentümer.

Die Besonderheiten des konkreten Falls

Im vorliegenden Fall blieb die genaue Brandursache ungeklärt. Weder konnte nachgewiesen werden, dass das Feuer von einem technischen Defekt an der Gebäudesubstanz oder den fest installierten Anlagen ausging, noch dass der Mieter durch konkretes Fehlverhalten den Brand verursacht hatte.

Der geschädigte Nachbar vermutete zunächst, dass der Brand von Geräten und Leitungen in der Halle ausgegangen sei. Diese Behauptung konnte er jedoch nicht beweisen. Ohne konkreten Nachweis der Brandursache ließ sich weder eine Zustands- noch eine Verhaltensstörung durch den Eigentümer feststellen.

Eingeschränkte Haftung des Vermieters

Das Gericht betonte die grundsätzlich eingeschränkte Verantwortlichkeit des Eigentümers für Handlungen seines Mieters. Ein vermietender Eigentümer haftet nur dann, wenn entweder die Beschaffenheit seines Eigentums nicht ordnungsgemäß war oder wenn er dem Mieter ausdrücklich störende Handlungen erlaubt beziehungsweise solche nicht verhindert hat.

Ist der Schaden ausschließlich auf ein Fehlverhalten des Mieters zurückzuführen, trägt der Eigentümer dafür keine Verantwortung. Dies gilt selbst dann, wenn der Schaden von einem in seinem Eigentum stehenden Bauteil oder Gerät ausgeht, sofern dieses ordnungsgemäß beschaffen war.

Beweislast liegt beim Geschädigten

Eine weitere wichtige Erkenntnis des Urteils: Der Geschädigte trägt die vollständige Beweislast dafür, dass der in Anspruch genommene Nachbar tatsächlich als Störer anzusehen ist. Er muss konkret darlegen und beweisen, welche Umstände die Haftung des Eigentümers oder Mieters begründen sollen.

Im vorliegenden Fall war dieser Beweis nicht gelungen. Weder konnte der Kläger die genaue Brandursache klären noch nachweisen, dass der Eigentümer für die Brandentstehung verantwortlich war.

Versicherungsrechtliche Aspekte

Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass der Kläger möglicherweise gar nicht berechtigt war, selbst Ansprüche zu stellen. Hatte seine Versicherung bereits Schäden reguliert, so sind diese Ansprüche auf die Versicherung übergegangen. Der Geschädigte kann dann nicht mehr selbst klagen, sondern nur noch seine Versicherung.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil zeigt: Die Haftung bei Brandschäden zwischen Nachbarn ist komplexer als oft angenommen. Nicht automatisch haftet der Grundstückseigentümer für alle Schäden, die von seinem Grundstück ausgehen.

Für Geschädigte bedeutet das: Sie müssen genau prüfen, wen sie in Anspruch nehmen und die genaue Schadensursache ermitteln. Eine pauschale Klage gegen den Grundstückseigentümer führt nicht automatisch zum Erfolg.

Für Grundstückseigentümer gilt: Eine sorgfältige Auswahl der Mieter und klare vertragliche Regelungen zu Versicherungen können vor unberechtigten Ansprüchen schützen. Gleichzeitig sollten sie die technische Ausstattung ihrer Immobilien regelmäßig warten lassen.

Für Mieter von Gewerbeimmobilien heißt das: Sie sollten unbedingt ausreichende Betriebshaftpflicht- und Sachversicherungen abschließen, da sie bei eigenverursachten Schäden vollumfänglich haften können.

Fazit: Klare Verhältnisse durch genaue Prüfung

Das OLG Hamm stellt klar: Bei Brandschäden kommt es entscheidend darauf an, wer konkret als Störer für den Schaden verantwortlich ist. Die bloße Eigenschaft als Grundstückseigentümer begründet noch keine automatische Haftung. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Eigentümer den gefährlichen Zustand zu verantworten hat oder ob das schädigende Verhalten allein dem Mieter zuzurechnen ist.

Geschädigte sollten daher die Schadensursache gründlich untersuchen lassen und gezielt denjenigen in Anspruch nehmen, der tatsächlich für den Schaden verantwortlich ist. Eine pauschale Klage gegen den vermeintlich zahlungskräftigeren Grundstückseigentümer führt nicht zwangsläufig zum Erfolg.


Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 06.05.2024, Az. 7 U 23/24

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