Zum Hauptinhalt springen

Maklervertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen

Der beste Anwalt für Mietrecht
Auch wenn zunächst unklar ist, welche Gesellschaft den Maklervertrag eingehen soll, kann später durch das Verhalten der Beteiligten eindeutig bestimmt werden, wer zur Zahlung der Maklerprovision verpflichtet ist.
eine Geschäftsfrau und ein Geschäftsmann begrüßen sich in einem modernen Büro
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Millionentransaktion mit unklaren Zuständigkeiten

Eine Immobilienmaklerin bot im Juli 2021 einem Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften ein Immobilienkonvolut bestehend aus sieben vermieteten Mehrfamilienhäusern zum Kauf an. In ihrer E-Mail wies sie ausdrücklich darauf hin, dass bei Abschluss eines Kaufvertrages eine Provision von vier Prozent vom Kaufpreis zuzüglich Mehrwertsteuer fällig werde.

Der Geschäftsführer führte die gesamte Korrespondenz über seine E-Mail-Adresse der Managementgesellschaft und unter deren Signatur. Nach der Besichtigung übersandte er einen Letter of Intent auf dem Briefkopf derselben Gesellschaft und bot einen Kaufpreis von fünfeinhalb Millionen Euro.

Die entscheidende Wendung: Obwohl die gesamte Kommunikation über die Managementgesellschaft lief, erwarb letztendlich eine Objektgesellschaft das Immobilienkonvolut. Die Maklerin stellte dieser Objektgesellschaft die Provision in Höhe von über 230.000 Euro in Rechnung.

Wer ist zur Zahlung der Maklerprovision verpflichtet?

Die Objektgesellschaft weigerte sich zu zahlen und argumentierte, sie habe niemals einen Maklervertrag abgeschlossen. Die gesamte Korrespondenz sei über die Managementgesellschaft gelaufen, die auch den Letter of Intent unterzeichnet habe.

Stillschweigender Vertragsschluss durch Verhalten

Das Oberlandesgericht Brandenburg stellte zunächst fest, dass ein Maklervertrag nicht nur durch ausdrückliche Erklärungen, sondern auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden kann. Entscheidend ist, dass ein Kaufinteressent in Kenntnis eines gegen ihn gerichteten eindeutigen Provisionsverlangens weitere Maklerleistungen in Anspruch nimmt.

Hier erfüllt: Der Geschäftsführer hatte nach dem ersten Angebot weitere Objektdaten angefragt, Zugang zu einem digitalen Datenraum erhalten, die Immobilien besichtigt und schließlich eine Kaufabsichtserklärung abgegeben.

Nachträgliche Bestimmung des Vertragspartners möglich

Das Gericht erkannte an, dass bei der ersten Kontaktaufnahme noch unbestimmt war, welche der vom Geschäftsführer vertretenen Gesellschaften Vertragspartner werden sollte. Dies ist rechtlich zulässig, wenn die nachträgliche Bestimmung dem Vertreter überlassen wird.

Der entscheidende Moment: Die nachträgliche Bestimmung erfolgte durch das Verhalten des Geschäftsführers nach Rechnungsstellung. Er beanstandete die an die Objektgesellschaft adressierte Rechnung nicht, obwohl er nach der Richtigkeit der Adressierung gefragt wurde, und gab wiederholt Zahlungszusagen ab.

Schweigen kann Zustimmung bedeuten

Ein besonders wichtiger Aspekt der Entscheidung betrifft die rechtliche Bewertung von Schweigen. Grundsätzlich stellt Schweigen keine Zustimmung dar. Das Gericht entschied jedoch, dass dem Schweigen unter bestimmten Umständen nach der Verkehrssitte durchaus ein Erklärungswert beigemessen werden kann.

Warum hier relevant: Da die Maklerin die Erwerberdaten nur vom Geschäftsführer erhalten haben konnte, musste sie sein Schweigen auf die an die Objektgesellschaft adressierte Rechnung als Bestätigung verstehen, dass auch er von einer Provisionsschuld dieser Gesellschaft ausging.

Keine Verwirkung trotz Interessenkollision

Die Objektgesellschaft hatte zusätzlich argumentiert, die Maklerin habe ihre Provision verwirkt, weil sie die Interessen des Verkäufers vertreten und über die tatsächliche Vermietungsquote getäuscht habe.

Gerichtsentscheidung: Eine Verwirkung setzt voraus, dass der Makler den Interessen des Auftraggebers in schwerwiegender Weise zuwidergehandelt hat. Dies war hier nicht der Fall. Die Vermietungsquote war im Exposé ausdrücklich als unverbindliche Drittinformation bezeichnet worden. Zudem hatte die Maklerin aktualisierte Mieterlisten übersandt und Zugang zu einem Datenraum gewährt, wodurch eine umfassende Informationsgrundlage geschaffen wurde.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Makler: Auch wenn zunächst unklar ist, welche von mehreren möglichen Gesellschaften Vertragspartner werden soll, können Sie durch konsequentes Verhalten des Geschäftsführers nach Vertragsabschluss Klarheit schaffen. Wichtig ist, dass Sie das Provisionsversprechen eindeutig formulieren und bei der Rechnungsstellung das Verhalten der Gegenseite genau dokumentieren.

Für Käufer: Wenn Sie als Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften mit Maklern verhandeln, sollten Sie von Anfang an klarstellen, für welche Gesellschaft Sie handeln. Stillschweigen nach Rechnungsstellung kann als Zustimmung zur Übernahme der Provisionsschuld gewertet werden.

Für beide Seiten: Das Urteil zeigt, dass nachträgliches Verhalten bei der Auslegung von Willenserklärungen durchaus berücksichtigt werden kann. Eine klare Kommunikation von Beginn an verhindert teure Rechtsstreitigkeiten.

Die Entscheidung bestätigt die Flexibilität des Maklerrechts bei der Bestimmung von Vertragspartnern. Gleichzeitig macht sie deutlich, dass Geschäftsführer von Unternehmensgruppen besondere Sorgfalt bei der Zuordnung ihrer Handlungen walten lassen müssen.

Grundsätze des Urteils

  • Ein Maklervertrag kommt stillschweigend zustande, wenn ein Interessent in Kenntnis des Provisionsverlangens Maklerdienste entgegennimmt.

  • Handelt ein Vertreter für eine Unternehmensgruppe, muss der konkrete Vertragspartner bei Abschluss nicht feststehen, sondern kann nachträglich bestimmt werden.

  • Die nachträgliche Festlegung des Vertragspartners kann durch konkludentes Verhalten erfolgen, etwa durch widerspruchslosen Empfang der Rechnung und Zahlungszusagen.

  • Schweigen auf eine Rechnung kann nach Verkehrssitte ausnahmsweise als Zustimmung zur Passivlegitimation gewertet werden, wenn die Umstände dies nahelegen.

  • Nachträgliches Verhalten der Parteien ist als Indiz für den tatsächlichen Willen bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigen.


Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 03.04.2024, Az. 4 U 105/23

Kontaktieren Sie uns!

Die Informationen auf unserer Website dienen ausschließlich zu Informationszwecken. Sie ersetzen keine rechtliche Beratung, die auf Ihre individuelle Situation zugeschnitten ist. Bitte beachten Sie auch, dass sich die Rechtslage durch neue Gesetze und Urteile jederzeit ändern kann.

Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.


Ihr Recht ist unsere Leidenschaft!

Portrait der besten Anwälte von Essen

Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.


Unsere digitale Kanzlei

Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

Erfahrungen & Bewertungen zu JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

kostenlose Ersteinschätzung

Wartebereich der JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.


Das könnte Sie auch interessieren:

19. Mai 2024
Vermieter stehen manchmal vor der Herausforderung, dass sie berechtigte Gründe haben, ein Mietverhältnis zu beenden, und dennoch auf Hindernisse st...
01. April 2024
Die Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter kann viele Gründe haben, doch einer der häufigsten und zugleich komplexesten ist die Eige...
18. Juli 2023
Fragen kostet nichts, außer beim Anwalt. Ein Anwalt ist teuer, ein guter Anwalt ist unbezahlbar. So jedenfalls die landläufige Meinung. Falsch! Anw...